Rede vom Müll (5)
Kot, Gerümpel, Morast und über allem Gestank: hier siedeln Menschen. Fäulnis, Gärung, Verwesung: primäre Selbstwahrnehmung. Bestialisch, pestilenzialisch, infernalisch: Dreischritt der Zivilisation. Abtritt, Grube, Kanal: es werde Licht. Es wurde. Der Ent­deckung der Hygiene folgt die Entdeckung des Unbewussten. Aus den Au­gen, aus dem Sinn. Das ist lange her. Mit der Wiederentdeckung des Mülls verschwindet das Unbe­wusste so plötzlich, wie es erschien. Nur Spatzenhirne trauern ihm nach. Das sozial versicherte Bewusstsein der Niederungen sieht sich an anderen Grenzen gefordert. Wo endet die Hülle, wo beginnt das Bedürfnis? Die Verpackungsindustrie, vom Purismus bedrängt, hat die Psycho­analyse beerbt. Unter den Erbstücken befindet sich auch das Problem der Lust. Bekanntlich ist die Lust an der Verpackung identisch mit der Augen-Lust an der Schaufensterware, am Unberühr­ten, gepaart mit der Lust am Aufreißen, am Zur-Sache-Kom­men, am Demolieren und Verletzen – einer Vor-Lust, die im Voll­zug ertrinkt, im Ärger über das unnütze Objekt, in der Selbstverlet­zung, die auf dem Grunde der Gier den Wunsch erfährt, in Ruhe gelassen zu werden, sich zu trollen.