Rede vom Müll (16)
Die Figur der Schreienden, frühes Seicento, ein Fiorentino vielleicht, ein ›achtbares Blatt‹. Neben ihr auf dem Boden ein aufgeschlagenes Buch, groß genug, um schreiend darin zu lesen, nur das Umblättern könnte Schwierig­keiten bereiten. Den Blick in eine unbestimmte Ferne gerichtet: so will es dem Betrachter scheinen. Näher rückend entdeckt er die Blindheit des Blicks, noch näher schließlich, das eigene Auge dicht an jenes fremde, zeit­ferne heranschiebend, die winzige Rundung der Pupille, die sich über das untere Lid heraufhebt, und der es tatsächlich gelingt, einen Schiel­blick auf das Buch zu werfen. Unter dem Anprall des Schreis krümmen sich die Ge­bäude, die das restliche Blatt bedecken, zu elliptoiden Figuren, anzusehen wie kunstvoll aufgetriebene Seifenblasen im Augenblick, bevor sie sich davon­machen. Zu betrachten in einem Magazin der Krakauer Universität der frühen Neunziger in einem feuchten Gewölbe, während herumste­hende Zimmermannsböcke und das Hämmern von Pressluftbohrern einen vagen Dialog über das Anbrechen neuer Zeiten führen, während der Besu­cher, die Krümel einer langen Reise aus den Falten seiner Jacke schnip­send, eine schmale Treppe emporsteigt und sich unvermutet dem blutigen Zeremoniell des Sonnenuntergangs über den rauchenden Schloten von Nova Huta gegenüberfindet.

finis